Kapitel 11
Lehre und Bündnisse 26 bis 28
Einführung und zeitlicher Überblick
Nach Gründung der Kirche reist der Prophet Joseph Smith mehrmals zwischen Harmony im Bundesstaat Pennsylvania und den Zweigen der Kirche im Bundesstaat New York hin und her, um die Mitglieder zu stärken und die Kirche aufzubauen. So bleibt ihm wenig Zeit, sich um seine Farm zu kümmern und für seine materiellen Bedürfnisse zu sorgen. Im Juli 1830 sagt der Herr in einer Offenbarung zu Joseph Smith, Oliver Cowdery und John Whitmer, wofür sie ihre Zeit nutzen sollen, während sie sich auf eine Konferenz der Kirche im Herbst vorbereiten. Diese Offenbarung in Lehre und Bündnisse 26 bietet Führung für geistige und zeitliche Angelegenheiten, auch sind weitere Weisungen zum Grundsatz der allgemeinen Zustimmung in der Kirche darin zu finden.
Als sich Joseph Smith eines Tages im August 1830 in Harmony auf den Weg macht, um Wein für das Abendmahl zu holen, begegnet ihm ein Himmelsbote. Der Prophet erhält Weisung zu den Symbolen des Abendmahls und dahingehend, wie wichtig es ist, die ganze Waffenrüstung Gottes anzulegen. Diese Weisungen sind in Lehre und Bündnisse 27 aufgezeichnet.
Wegen vermehrter Verfolgung in Harmony nehmen Joseph und Emma Smith die Einladung von Peter Whitmer Sr. an, wieder bei ihm und seiner Familie in Fayette im Bundesstaat New York zu wohnen. Als sie Anfang September 1830 dort eintreffen, erfährt der Prophet, dass Hiram Page von sich behauptet, er könne durch einen Stein Offenbarung für die Kirche empfangen. Joseph Smith befragt den Herrn und empfängt die in Lehre und Bündnisse 28 aufgezeichnete Offenbarung, worin der Herr die Ordnung darlegt, gemäß derer Offenbarung für die Kirche empfangen wird.
-
Juni 1830In Colesville im Bundesstaat New York verhindert Verfolgung seitens eines Pöbelhaufens, dass neugetaufte Bekehrte konfirmiert werden können.
-
Juni 1830Joseph Smith fängt mit der inspirierten Übersetzung der Bibel an und diktiert die „Visionen des Mose“ (Mose 1).
-
Juli 1830Lehre und Bündnisse 26 wird empfangen.
-
August 1830Lehre und Bündnisse 27 wird empfangen.
-
August 1830Hiram Page behauptet, für die Kirche Offenbarung zu empfangen.
-
Anfang September 1830Joseph und Emma Smith ziehen nach Fayette im Bundesstaat New York.
-
September 1830Lehre und Bündnisse 28 wird empfangen.
-
26. bis 28. September 1830In Fayette wird die zweite Konferenz der Kirche abgehalten.
-
Oktober 1830Oliver Cowdery und andere begeben sich auf Mission zu den Lamaniten.
Lehre und Bündnisse 26: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund
Nach der Herausgabe des Buches Mormon und der Gründung der Kirche reist der Prophet Joseph Smith zwischen seinem Wohnort in Harmony und den drei Zweigen der Kirche im Bundesstaat New York (Manchester, Fayette und Colesville) hin und her, um die Mitglieder dort zu besuchen. In Colesville werden einige neugetaufte Mitglieder im Anschluss an die Taufe nicht konfirmiert, weil die Heiligen vom Pöbel verfolgt werden und der Prophet aufgrund falscher Beschuldigungen als „Ruhestörer, der das Land mit dem Predigen des Buches Mormon in Aufruhr versetzt“, inhaftiert wird (Joseph Smith, History of the Church, 1:88). Im Juli 1830 beauftragt der Herr den Propheten Joseph Smith sowie Oliver Cowdery und John Whitmer, nach Colesville zurückzukehren und die Neugetauften zu konfirmieren (siehe LuB 26:1). Newel Knights Aufzeichnungen dazu entnehmen wir: „Diese Offenbarung war der kleinen Schar von Brüdern und Schwestern in Colesville ein großer Trost, nachdem sie infolge der Schlechtigkeit boshafter Menschen, die fortwährend danach trachteten, das Werk Gottes auf Erden zu vernichten, von Zeit zu Zeit von den Dienern Gottes verlassen worden waren.“ (Newel Knight, Autobiografie, um 1871, Seite 114f., Historisches Archiv der Kirche, Salt Lake City.)
Lehre und Bündnisse 26
Der Herr gibt seinen Dienern Weisung zum Grundsatz der allgemeinen Zustimmung
Lehre und Bündnisse 26:1. Die Weisungen des Herrn für die nächste Konferenz
Der Herr hatte die Heiligen zuvor angewiesen, dass sie „sich alle drei Monate einmal zu einer Konferenz versammeln [sollen] oder aber von Zeit zu Zeit, wie die besagten Konferenzen es anordnen oder bestimmen“ (LuB 20:61). Die erste Konferenz der Kirche fand am 9. Juni 1830 in Fayette statt. Als der Prophet Joseph Smith noch in Harmony lebte, tat der Herr im Juli 1830 kund, dass die Zeit nahe sei, da Joseph „nach dem Westen [gehen soll], um die nächste Konferenz abzuhalten“ (LuB 26:1). Diese Konferenz wurde vom 26. bis 28. September 1830 in Fayette, etwa 160 Kilometer nordwestlich von Harmony, abgehalten.
Lehre und Bündnisse 26:1. Widmet eure Zeit dem Studium der Schriften
Im Lauf der Übersetzung des Buches Mormon wurde dem Propheten Joseph Smith bewusst, dass „viele klare und kostbare Dinge“ (1 Nephi 13:28) aus der Bibel verlorengegangen waren und dass diese Lehren eines Tages wiederhergestellt werden sollten (siehe 1 Nephi 13:28,32).
Neben den Lehren aus dem Buch Mormon haben Joseph Smiths inspirierte Übersetzung der Bibel und weitere Offenbarungen dazu beigetragen, verlorengegangene Lehren wiederherzustellen. Im Oktober 1829 erwarben Joseph Smith und Oliver Cowdery von E. B. Grandin in Palmyra eine Bibel, die sie bei der inspirierten Übersetzung der Bibel benutzten. Als Joseph Smith im Juni 1830 mit seiner inspirierten Übersetzung der Bibel begann, diktierte er die „Visionen des Mose“, die heute in Mose 1 in der Köstlichen Perle stehen. Obwohl nicht bekannt ist, wo sich Joseph Smith und Oliver Cowdery aufhielten, als diese Offenbarung empfangen wurde, berichtete der Prophet später: „Inmitten all der Prüfungen und der Drangsal, die wir durchwaten mussten, verlieh uns der Herr, der unsere noch unausgereifte und schwierige Lage nur zu gut kannte, einen Vorrat an Kraft. Er gewährte uns ‚Zeile um Zeile, … Weisung um Weisung, hier ein wenig und dort ein wenig‘ [siehe 2 Nephi 28:30], wobei dieses [Mose 1] ein köstlicher Leckerbissen war“ (History of the Church, 1:98).
Es kann sein, dass mit der Weisung des Herrn, „widmet eure Zeit dem Studium der Schriften“ (LuB 26:1) die Aufforderung an Joseph Smith gemeint war, mit der inspirierten Übersetzung der Bibel fortzufahren, die wir heute Joseph Smith Translation nennen (siehe Robert J. Matthews, „A Plainer Translation“: Joseph Smith’s Translation of the Bible, a History and Commentary, 1975, Seite 27).
Lehre und Bündnisse 26:2. Alles soll in der Kirche mit allgemeiner Zustimmung getan werden
Der Grundsatz der allgemeinen Zustimmung kam in dieser Evangeliumszeit zum ersten Mal bei der Gründung der Kirche am 6. April 1830 zum Tragen. Die Gläubigen, die sich im Haus von Peter Whitmer Sr. versammelt hatten, wurden gebeten, ihre Zustimmung dazu zu geben, dass Joseph Smith als präsidierender erster Ältester in der Kirche dienen und Oliver Cowdery unter Joseph Smith als zweiter Ältester präsidieren sollte. Seither hält sich die Kirche an das Prozedere der allgemeinen Zustimmung. Dadurch zeigt sich der Glaube an den Grundsatz, dass jeder Mensch frei ist zu zeigen, ob er bereit oder nicht bereit ist, diejenigen zu unterstützen, die im Reich Gottes hier auf der Erde zu einem Amt berufen werden. Der Grundsatz der allgemeinen Zustimmung wird in mehreren Offenbarungen im Buch Lehre und Bündnisse bekräftigt (siehe LuB 26:2; 28:13; 38:34; 42:11; 104:71,72,85; 124:144).
Präsident Russell M. Nelson vom Kollegium der Zwölf Apostel hat darüber gesprochen, was es für uns heute bedeutet, die führenden Beamten der Kirche zu unterstützen:
„Oft singen wir … die Worte: ‚Wir danken, o Gott, für den Propheten‘ [Gesangbuch, Nr. 11]. Sind wir uns wirklich darüber im Klaren, was das bedeutet? Bedenken wir doch, welch großen Vorzug der Herr uns dadurch gewährt, dass wir seinen Propheten bestätigen dürfen, dessen Rat unbeeinflusst, ungeschminkt, von keinerlei persönlichem Ehrgeiz getrübt und zudem durch und durch wahr ist!
Wie unterstützt man eigentlich einen Propheten? Lange bevor er Präsident der Kirche wurde, hat Präsident Joseph F. Smith gesagt: ‚Die Heiligen, die aufzeigen, um die Führer der Kirche zu bestätigen, haben die wichtige Pflicht, nicht nur äußerlich die Hand zu heben, sondern auch tatkräftig und aufrichtig dahinter zu stehen.‘ [Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph F. Smith, Seite 211; Hervorhebung hinzugefügt.]“ („Bestätigen und unterstützen wir die Propheten“, Liahona, November 2014, Seite 74.)
Präsident Joseph Fielding Smith (1876–1972) hat erklärt, dass der Zweck dieser Bestätigung nicht darin besteht, dass jemand seine eigene Meinung zu den persönlichen Vorzügen derer, die der Herr ordnungsgemäß berufen hat, äußert: „Das Priestertum erwählt durch Inspiration vom Vater im Himmel, und dann ist es die Pflicht der Heiligen der Letzten Tage, wenn sie bei einer Konferenz oder zu sonst einem Anlass zusammenkommen, die Hand zu heben, um etwas zu bestätigen oder abzulehnen. Ich verstehe es so, dass niemand das Recht hat, die Hand dagegen zu erheben oder dagegen zu stimmen, es sei denn, dass sein Grund triftig genug ist und denen an der Spitze vorgelegt werden muss. Anders gesagt, ich habe nicht das Recht, die Hand zur Gegenstimme zu heben, nur weil jemand in der Kirche zu einem Amt berufen wird, den ich vielleicht nicht mag, oder weil ich wegen einer Meinungsverschiedenheit oder aus persönlichen Gefühlen heraus nicht einverstanden bin, sondern nur, wenn es einen Grund dafür gibt – wenn der Betreffende etwas Unrechtes getan und die Gesetze der Kirche übertreten hat, was ihn für das vorgesehene Amt disqualifizieren würde.“ (Doctrines of Salvation, Hg. Bruce R. McConkie, 1956, 3:123f.)
Als Präsident Thomas S. Monson von den Mitgliedern der Kirche zum ersten Mal als Präsident der Kirche bestätigt worden war, hob Elder Robert D. Hales vom Kollegium der Zwölf Apostel die bindende Verpflichtung des Gesetzes der allgemeinen Zustimmung in der Kirche hervor. Er hat dies in folgende Worte gekleidet: Wenn wir die Hand zur Bestätigung heben, ist „das nicht einfach nur eine Abstimmung“, sondern vielmehr verpflichten „wir uns voll und ganz“ und haben „sogar einen Bund geschlossen, dass wir die Gesetze, Verordnungen und Gebote befolgen und den Propheten Gottes … unterstützen“ („Wie man ein Zeugnis von Gott, dem ewigen Vater, seinem Sohn, Jesus Christus, und dem Heiligen Geist erlangt“, Liahona, Mai 2008, Seite 29).
Lehre und Bündnisse 27: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund
Bevor der Prophet Joseph Smith nach Colesville zurückkehren kann, bekommen er und seine Frau Emma im August 1830 in Harmony Besuch von Newel und Sally Knight. Wegen der Verfolgung durch den Pöbel im Juni sind weder Sally Knight noch Emma Smith als Mitglied der Kirche bestätigt worden und sie haben auch noch nicht die Gabe des Heiligen Geistes empfangen. Bevor das Ehepaar Knight nach Hause zurückkehrt, beschließen die Paare, gemeinsam vom Abendmahl zu nehmen und die Konfirmierungen zu vollziehen. Joseph Smith berichtet: „Ich machte mich auf den Weg, um für den Anlass etwas Wein zu besorgen, war aber erst ein kleines Stück gegangen, als mir ein Himmelsbote begegnete.“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 1: Joseph Smith Histories, 1832–1844, Hg. Karen Lynn Davidson et al., 2012, Seite 428.) Joseph Smith erhält von dem Boten die Weisung in Lehre und Bündnisse 27.
Daraufhin kehrt er nach Hause zurück und bereitet selbst Wein zu. Die Anwesenden halten eine kurze Versammlung ab, nehmen vom Abendmahl und Emma Smith und Sally Knight werden konfirmiert. Später berichtet der Prophet: „Der Geist des Herrn wurde über uns ausgeschüttet und wir priesen Gott, den Herrn, und frohlockten über die Maßen.“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 1: Joseph Smith Histories, 1832–1844, Seite 432.)
Lehre und Bündnisse 27:1-4
Joseph Smith wird Grundsätzliches zu den Symbolen des Abendmahls vermittelt
Lehre und Bündnisse 27:1-4. Es kommt nicht darauf an, was ihr esst oder trinkt, wenn ihr vom Abendmahl nehmt
Aus den in den heiligen Schriften enthaltenen Abendmahlsgebeten geht hervor, dass Wein verwendet wurde, damit die Gläubigen sich an das Blut des Erretters erinnerten, das für sie vergossen wurde (siehe Moroni 5; LuB 20:40,78,79). Bei der Gründung der Kirche am 6. April 1830 wurde Wein zum Abendmahl verwendet. Der Himmelsbote, der im August 1830 mit dem Propheten Joseph Smith sprach, sagte, Wein sei nicht erforderlich, wenn man des Sühnopfers des Herrn gedenken will, solange man vom Abendmahl nimmt und das „Auge nur auf [seine] Herrlichkeit gerichtet ist“ (LuB 27:2). Joseph Smith wurde insbesondere darauf hingewiesen, er solle von Feinden der Kirche keinerlei Wein oder starkes Getränk für das Abendmahl kaufen. Er dürfe jedoch selbst hergestellten Wein verwenden. Selbst nachdem 1833 das Wort der Weisheit empfangen worden war, ging man nicht gleich überall dazu über, Wasser statt Wein zu verwenden. Heute wird beim Abendmahl in der Kirche jedoch ausschließlich Wasser verwendet.
Wenn kein Brot für das Abendmahl vorhanden ist, kann ein geeigneter Ersatz verwendet werden. So wurden während des Zweiten Weltkriegs beispielsweise von Mitgliedern der Kirche in Europa mitunter Kartoffeln oder Kartoffelschalen genommen (siehe Ezra Taft Benson, Herbst-Generalkonferenz 1952).
Lehre und Bündnisse 27:2. Nehmt vom Abendmahl mit einem Auge, das nur auf meine Herrlichkeit gerichtet ist
Die Teilnahme an der heiligen Handlung des Abendmahls zum Gedenken an das Sühnopfer Jesu Christi soll der wichtigste Teil unserer Gottesverehrung am Sonntag sein. Beim Abendmahl sollen wir daran denken, dass Leib und Blut des Erretters geopfert wurden. Dies wurde von dem Engel, der dem Propheten Joseph Smith erschien, zum Ausdruck gebracht (siehe LuB 27:2) und insbesondere der Gedanke, dass beim Abendmahl das „Auge nur auf [die] Herrlichkeit [des Herrn] gerichtet“ (LuB 27:2) sein soll. Das Auge auf etwas zu richten, heißt in diesem Fall, dass wir uns geistig auf den Erretter und sein Erlösungswerk konzentrieren. Elder Dallin H. Oaks vom Kollegium der Zwölf Apostel hat uns daran erinnert, wie leicht man sich mitunter vom wahren Sinn des Abendmahls ablenken lässt:
„Das Abendmahl macht die Abendmahlsversammlung zur heiligsten und wichtigsten Versammlung in der Kirche. Sie ist die einzige Sonntagsversammlung, die die ganze Familie gemeinsam besuchen kann. …
Während der Abendmahlsversammlung – und insbesondere während des Abendmahls – müssen wir uns auf die Gottesverehrung konzentrieren und alles andere unterlassen, vor allem alles, was andere in ihrer Andacht stören könnte. … Die Abendmahlsversammlung ist keine Zeit, um Bücher oder Zeitschriften zu lesen. Ihr jungen Leute, sie ist keine Zeit für Flüstereien am Handy oder zum SMS-Schicken. Wenn wir vom Abendmahl nehmen, gehen wir ein heiliges Bündnis ein, dass wir immer an den Erretter denken. Wie traurig ist es, wenn man sieht, wie jemand dieses Bündnis genau in der Versammlung bricht, in der er es schließt.“ („Die Abendmahlsversammlung und das Abendmahl“, Liahona, November 2008, Seite 17ff.)
Lehre und Bündnisse 27:5-18
Der Herr spricht über eine große Zusammenkunft in den Letzten Tagen, bei der seine Knechte aus allen Evangeliumszeiten vom Abendmahl nehmen werden
Lehre und Bündnisse 27:5-14. Ich werde mit euch auf Erden von der Frucht des Weinstocks trinken
Als der Erretter in Jerusalem mit seinen Jüngern zum Paschamahl zusammenkam und die heilige Handlung des Abendmahls einführte, sagte er ihnen, er werde „nicht mehr von der Frucht des Weinstocks trinken, bis das Reich Gottes kommt“ (Lukas 22:18; siehe auch Matthäus 26:29; Markus 14:25). Diese Prophezeiung bezieht sich auf die Zeit, da Jesus Christus im Rahmen der Ereignisse, die mit seiner herrlichen Rückkehr zur Erde einhergehen, vom Abendmahl nehmen wird. Im August 1830 erfuhr der Prophet Joseph Smith, dass nicht nur Propheten aus alter Zeit mit dem Erretter zusammenkommen werden, um von den Symbolen des Abendmahls zu nehmen, sondern auch alle diejenigen, „die [ihm der] Vater aus der Welt gegeben hat“ (LuB 27:14), womit alle treuen Mitglieder der Kirche gemeint sind, die zu Christus kommen und bis ans Ende ausharren.
Elder Bruce R. McConkie (1915–1985) vom Kollegium der Zwölf Apostel ist auf die Frage eingegangen, wer an diesem wichtigen Ereignis teilnehmen darf: „Jesus wird mit seinen Jüngern auf Erden wiederum vom Abendmahl nehmen. Es werden aber nicht nur Sterbliche dort sein. Er nennt weitere, die zugegen sein und an dieser heiligen Handlung teilnehmen werden [siehe LuB 27:5-14]. … An einem künftigen Tag wird hier auf dieser Erde in Anwesenheit des Herrn Jesus und aller Rechtschaffenen aus allen Zeitaltern das Abendmahl gereicht werden. Natürlich wird dies Teil des großen Rates in Adam-ondi-Ahman sein.“ (The Millennial Messiah: The Second Coming of the Son of Man, 1982, Seite 587.) Zu diesem Ereignis hat Elder McConkie auch gesagt: „Alle Glaubenstreuen aus der gesamten Menschheitsgeschichte – ein jeder, der so gelebt hat, dass er ewiges Leben im Reich des Vaters verdient – werden dort anwesend sein und mit dem Herrn vom Abendmahl nehmen.“ (The Promised Messiah: The First Coming of Christ, 1978, Seite 595.)
Lehre und Bündnisse 27:5-13. Priestertumsschlüssel
In Lehre und Bündnisse 27:5-13 werden etliche Propheten und Apostel aus alter Zeit erwähnt, die Priestertumsschlüssel der Vollmacht innehatten und eines Tages mit dem Erretter vom Abendmahl nehmen werden. Die Wiederherstellung dieser Priestertumsschlüssel in den Letzten Tagen war eine Voraussetzung für die Einleitung der Evangeliumszeit der Fülle. Der Prophet Joseph Smith (1805–1844) hat dargelegt:
„Gott hat es so vorgesehen, dass es keine ewige Fülle geben sollte, ehe nicht jede Evangeliumszeit erfüllt und mit den anderen vereint wäre. …
Alle Verordnungen und Pflichten, die jemals unter der Leitung und den Geboten des Allmächtigen in einer der Evangeliumszeiten vom Priestertum verlangt wurden, werden in der letzten Evangeliumszeit vorhanden sein. Daher soll alles, was zu einer früheren Zeit unter der Vollmacht des Priestertums vorhanden war, wieder empfangen werden, um die Wiederherstellung zustande zu bringen, von der durch den Mund aller heiligen Propheten gesprochen wurde.“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 567.)
Elder Bruce R. McConkie hat bezeugt, dass Joseph Smith und allen ihm folgenden Propheten und Aposteln unserer Evangeliumszeit die Priestertumsschlüssel der Vollmacht übertragen wurden: „Wir wissen, dass Gott in diesen Letzten Tagen erneut die Fülle seines immerwährenden Evangeliums wiederhergestellt hat, damit alle Menschen auf Erden, die glauben und gehorsam sind, errettet werden können. Er hat Joseph Smith Jr. als seinen Propheten der Letzten Tage berufen, damit dieser der erste und oberste Apostel in der Evangeliumszeit der Fülle wird. Er hat ihm jeden Schlüssel, alles Priestertum und jede Macht übertragen, die Petrus und die Apostel und die alten Propheten zur Zeit ihres geistlichen Dienstes innegehabt haben. Diese Schlüssel und dieses heilige Apostelamt sind [durch jeden Präsidenten der Kirche bis zum heutigen] gelangt. Dieses heilige Apostelamt und diese Schlüssel werden von einem Apostel zum anderen weitergegeben, bis der Herr Jesus Christus in den Wolken des Himmels kommt, um persönlich auf Erden zu regieren. … Sein Name ist der einzige Name unter dem Himmel, durch den Errettung kommt, und wir sind seine geistlichen Diener.“ („Upon This Rock“, Ensign, Mai 1981, Seite 77.)
Lehre und Bündnisse 27:15-18. Legt meine ganze Waffenrüstung an
Der Apostel Paulus hat die Heiligen in Ephesus ermahnt: „Zieht an die Waffenrüstung Gottes, um den listigen Anschlägen des Teufels zu widerstehen!“ (Epheser 6:11; siehe Epheser 6:11-18). Dieser Rat wurde auch den Heiligen der Letzten Tage gegeben (siehe LuB 27:15-18). Präsident Harold B. Lee (1899–1973) hat die symbolische Bedeutung der Rüstung Gottes teilweise dargelegt und erläutert, was wir schützen, wenn wir die ganze Waffenrüstung anlegen: „Wir haben vier Körperteile, von denen der Apostel Paulus sagte oder sah, dass sie durch die Mächte der Finsternis am ehesten verwundbar sind: die Lenden, Sinnbild der Tugendhaftigkeit und Keuschheit; das Herz, das für unser Verhalten steht; die Füße, die für unsere Ziele oder Grundsätze stehen, und schließlich den Kopf, nämlich unsere Gedanken.“ (Feet Shod with the Preparation of the Gospel of Peace, Ansprache an der Brigham-Young-Universität am 9. November 1954.)
Die Aussage des Herrn: „Darum hebt euer Herz empor und freut euch, und gürtet euch die Lenden, und legt meine ganze Waffenrüstung an“ (LuB 27:15) folgt auf seine Verheißung, dass bei der großen Abendmahlsversammlung, wenn der Herr wieder zur Erde kommt, nicht nur seine Diener aus vergangenen Evangeliumszeiten anwesend sein werden, sondern auch „all [diejenigen], die [ihm sein] Vater aus der Welt gegeben hat“ (LuB 27:14). Dies weist darauf hin, dass es offenbar einen ganz wesentlichen Zusammenhang gibt zwischen dem Anlegen der Rüstung Gottes und dem Zustand, dass man bereit und würdig ist, unter denen zu sein, die sich vor der herrlichen Rückkehr des Erretters zur Erde mit ihm versammeln.
Lehre und Bündnisse 28: Weitere Angaben zum geschichtlichen Hintergrund
Am Gründungstag der Kirche gebietet der Herr den Mitgliedern, sie sollen „all [den] Worten und Geboten [des Propheten] Beachtung schenken, … denn sein Wort sollt ihr empfangen, als sei es aus meinem eigenen Mund“ (LuB 21:4,5). Die Mitglieder der Kirche brauchen jedoch noch einige Zeit, bis sie diese Lehre in all ihrer Bedeutung verstehen. Im Sommer 1830 teilt Oliver Cowdery dem Propheten Joseph Smith in einem Schreiben mit, er habe den Eindruck, dass in einem der Gebote in der Schriftstelle, die heute Lehre und Bündnisse 20:37 bildet, ein Fehler sei. Oliver Cowdery verlangt vom Propheten, er solle die Formulierung ändern.
Joseph Smiths Aufzeichnungen entnehmen wir: „Ich schrieb ihm unverzüglich zurück und fragte ihn, woher er die Vollmacht nehme, mir zu gebieten, an einer Offenbarung oder einem Gebot des allmächtigen Gottes etwas zu ändern oder etwas auszulöschen, etwas hinzuzufügen oder wegzulassen. Wenige Tage später besuchte ich ihn und Mr. Whitmers Familie und stellte fest, dass die Familie im Allgemeinen [Olivers] Meinung war, … und nur mit Mühe und Beharrlichkeit konnte ich sie dazu bewegen, sich auf friedliche Weise mit mir über dieses Thema zu unterhalten. … Schließlich aber … gelang es mir …, nicht nur Familie Whitmer, sondern auch Oliver Cowdery davon zu überzeugen, dass sie im Irrtum waren.“ (The Joseph Smith Papers, Histories, Volume 1: Joseph Smith Histories, 1832–1844, Seite 426.)
Anfang September 1830 wird die Ordnung des Herrn, nach der in seiner Kirche Offenbarung zuteilwird, erneut auf die Probe gestellt. Aufgrund der zunehmenden Verfolgung in Harmony ziehen Joseph und Emma Smith zu Peter Whitmer Sr. in Fayette im Bundesstaat New York. Bei ihrer Ankunft erfährt Joseph Smith, dass Hiram Page behauptet, durch einen Stein Offenbarungen empfangen zu haben. Familie Whitmer und Oliver Cowdery sind angesichts dieser sogenannten Offenbarungen Feuer und Flamme und befürworten sie.
Newel Knight, der in Fayette zur zweiten Konferenz der Kirche eintrifft, berichtet:
„Bei meiner Ankunft fand ich Bruder Joseph außerordentlich bekümmert vor, denn [Hiram] Page war es gelungen, unter den Brüdern dadurch Zwiespalt entstehen zu lassen, dass er Offenbarungen zur Leitung der Kirche und zu anderen Angelegenheiten gab. Er behauptete, sie mit Hilfe eines Steins empfangen zu haben, der sich in seinem Besitz befand. Er hatte eine Menge Papiere voll mit diesen Offenbarungen und viele in der Kirche wurden durch sie in die Irre geführt. Selbst Oliver Cowdery und Familie Whitmer hatten ihnen Beachtung geschenkt, obwohl sie im Widerspruch zum Neuen Testament und zu den Offenbarungen dieser Letzten Tage standen. Hier bot sich dem Satan Gelegenheit, unter der kleinen Herde zu wirken, und er versuchte auf diese Weise das zu erreichen, was durch Verfolgung nicht gelungen war. Joseph war fassungslos und wusste kaum, wie er diese neue Krise bewältigen sollte. In jener Nacht teilte ich das Zimmer mit ihm, und wir verbrachten den größten Teil der Nacht in flehentlichem Gebet. Nach vielem Bemühen um diese Brüder wurden sie von ihrem Irrtum überzeugt und bekannten ihn. Sie distanzierten sich von den Offenbarungen, da sie nicht von Gott waren, und räumten ein, dass sich der Satan gegen sie verschworen hatte und ihren Glauben an den wahren Erlösungsplan zu Fall bringen wollte. Infolge dieser Vorkommnisse befragte Joseph den Herrn, bevor die Konferenz begann, und empfing die Offenbarung [in Lehre und Bündnisse 28], in der Gott seine Absicht und seinen Willen zum Empfangen von Offenbarungen unmissverständlich darlegt.
Nachdem die Konferenz zusammengekommen war, befasste man sich sogleich mit der Angelegenheit des Steins in Verbindung mit [Hiram] Page, und nach reiflicher Prüfung und Erörterung distanzierten sich Bruder Page und alle anwesenden Mitglieder der Kirche von dem Stein und den damit verbundenen Offenbarungen – sehr zu unserer Freude und Zufriedenheit. …
In dieser Zeit wurde unter uns die Macht Gottes reichlich offenbar. Es war herrlich, Zeuge der Weisheit zu sein, die Joseph bei diesem Anlass bewies, denn Gott verlieh ihm wahrlich große Weisheit und Macht, und mir scheint selbst heute, dass niemand, der ihn unter solch schwierigen Umständen Rechtschaffenheit ausüben sah, bezweifeln kann, dass der Herr mit ihm war, denn er handelte nicht mit menschlicher Weisheit, sondern mit göttlicher Weisheit.“ („Newel Knightʼs Journal“, Scraps of Biography, 1883, 10:64f.)
Lehre und Bündnisse 28
Oliver Cowdery erfährt, dass nur der Präsident der Kirche Offenbarung für die gesamte Kirche empfangen kann
Lehre und Bündnisse 28:1-7. Offenbarung ergeht durch die zuständigen Vollmachtslinien
In der Offenbarung, die in Lehre und Bündnisse 28 steht und die Oliver Cowdery durch den Propheten Joseph Smith gegeben wurde, teilt der Herr die rechte Ordnung mit, wie und durch wen in der Kirche Offenbarung empfangen wird. Oliver Cowdery war zwar als zweiter Ältester der Kirche ordiniert worden, seine Aufgabe war es aber weder, Offenbarungen für die Kirche zu empfangen oder Gebote für die Kirche zu schreiben, noch Joseph Smith, der an der Spitze der Kirche stand, etwas zu gebieten. Er sollte vielmehr dem Beispiel Aarons folgen und „getreulich die Gebote und die Offenbarungen … verkünden“ (LuB 28:3), die dem Propheten des Herrn gegeben worden waren. Wie Mose war auch Joseph Smith der Prophet, der in seiner Zeit die Schlüssel des Reiches empfangen hatte. Dennoch wurde Oliver Cowdery verheißen, er werde vom Tröster geführt und mit Macht und Vollmacht gesegnet werden, wenn er das lehre, was dem Propheten Joseph Smith kundgetan worden war.
Präsident Joseph Fielding Smith hat dazu festgestellt: „Oliver Cowdery hatte diese Ermahnung bitter nötig, denn er neigte dazu, selbst bei Offenbarungen Stellung gegen den Propheten zu beziehen. Durch diesen unangenehmen Zwischenfall entstand viel Gutes, denn die Mitglieder erfuhren, dass in der Kirche Ordnung herrscht und dass es nur einen gibt, der dazu bestimmt ist, zu ihrer Führung Gebote und Offenbarungen zu empfangen, und zwar den, den Gott berufen hat.“ (Church History and Modern Revelation, 1953, 1:135.)
Über diese rechte Ordnung zum Empfangen von Offenbarung hat der Prophet Joseph Smith gesagt: „Es widerspricht der Ordnung Gottes, dass ein Mitglied der Kirche oder sonst jemand eine Anweisung erhält für jemanden, der eine höhere Vollmacht innehat als er selbst. Man ersieht daraus, dass es nicht recht wäre, eine solche Anweisung zu beachten. Wenn aber jemand eine Vision oder den Besuch eines Himmelsboten erhält, so muss dies zu seinem eigenen Nutzen, zu seiner eigenen Belehrung sein; denn die fundamentalen Grundsätze, die Führung und die Lehre der Kirche sind an die Schlüssel des Reiches gebunden.“ (Lehren: Joseph Smith, Seite 216.) Bei einem späteren Anlass sagte er: „Die Präsidenten oder die [Erste] Präsidentschaft sind über die Kirche gesetzt, und Offenbarungen in Bezug auf die Absicht und den Willen Gottes ergehen durch die Präsidentschaft. Dies ist die Ordnung des Himmels, und die Macht und das Vorrecht des [Melchisedekischen] Priestertums. Es ist auch das Vorrecht eines jeden Beamten in dieser Kirche, Offenbarung zu erhalten, soweit sie sich auf seine besondere Berufung und Obliegenheit in der Kirche bezieht.“ (Lehren: Joseph Smith, Seite 216.)
Elder Dallin H. Oaks hat erläutert, dass diese Ordnung in Bezug auf Offenbarung auch heute in der Kirche besteht: „Das Haus unseres Vaters im Himmel ist ein Haus der Ordnung, in dem seinen Dienern geboten ist, das Amt auszuüben, zu dem sie berufen sind (siehe LuB 107:99). Dieser Grundsatz bezieht sich auf Offenbarung. Nur der Präsident der Kirche empfängt Offenbarung, um die gesamte Kirche zu führen. Nur der Pfahlpräsident empfängt Offenbarung speziell für die Führung des Pfahls. Für die Gemeinde empfängt der Bischof Offenbarung, für eine Familie der Priestertumsführer der Familie. Ein Führungsbeamter empfängt Offenbarung für die ihm anvertraute Aufgabe. Der Einzelne kann Offenbarung für sein eigenes Leben empfangen. Behauptet jemand, für einen anderen eine Offenbarung erhalten zu haben, für den er nicht zuständig ist – wenn zum Beispiel ein Mitglied eine Offenbarung für die ganze Kirche erhalten haben will oder jemand behauptet, für jemand anders eine Offenbarung empfangen zu haben, über den er nach der Ordnung der Kirche keine präsidierende Vollmacht hat –, so können Sie sicher sein, dass diese Offenbarung nicht vom Herrn stammt.“ („Revelation“, Andacht an der Brigham-Young-Universität, 29. September 1981, speeches.byu.edu.)
Lehre und Bündnisse 28:8-10,14-16. Oliver Cowdery wird berufen, bei den Lamaniten eine Mission zu erfüllen
Oliver Cowdery wurde berufen, eine Mission zu den Lamaniten anzuführen (siehe LuB 28:8-10,14-16; siehe auch LuB 30:5,6; 32:1-3). Der Begriff Lamaniten bezeichnet ein Volk, von dem im Buch Mormon berichtet wird. Viele von ihnen waren Nachfahren von Laman, dem ältesten Sohn Lehis. Der vom Herrn verwendete Begriff Lamaniten in Lehre und Bündnisse 28:9 deutet darauf hin, dass unter den amerikanischen Ureinwohnern, also den Indianervölkern Nordamerikas, an der damaligen Westgrenze der Vereinigten Staaten einige Nachkommen Lehis zu finden waren. Im Mai 1830 hatte der Kongress der Vereinigten Staaten das Umsiedlungsgesetz (Indian Removal Bill) für Indianer verabschiedet, was dazu führte, dass alle Indianerstämme in die dazu bestimmten Gebiete westlich des Staates Missouri umgesiedelt wurden. Deshalb mussten Oliver Cowdery und seine Begleiter auch zur „Grenze bei den Lamaniten“ (LuB 28:9) aufbrechen, um den Indianern das Evangelium zu predigen.
Im Buch Mormon wird nicht behauptet, dass die Indianer ausschließlich Nachkommen der Familie Lehis sind. Präsident Anthony W. Ivins (1852–1934) von der Ersten Präsidentschaft hat gesagt: „Wir müssen gut achtgeben, welche Schlüsse wir ziehen. Im Buch Mormon wird die Geschichte dreier verschiedener Völker … beschrieben, die aus der Alten Welt auf diesen Kontinent kamen. Es steht darin nicht, dass vor ihnen niemand hier war. Es steht darin nichts darüber, dass nicht auch Menschen nach ihnen hierhergekommen sind. Wenn also Entdeckungen gemacht werden, die auf eine unterschiedliche Herkunft der Rassen hindeuten, so ist dies ganz leicht und vernünftig zu erklären, denn wir glauben, dass auch andere Völker auf diesen Kontinent gekommen sind.“ (Frühjahrs-Generalkonferenz 1929.)
Lehre und Bündnisse 28:9. Die Stadt Zion wird an der Grenze bei den Lamaniten erbaut werden
Als das Buch Mormon veröffentlicht worden war, wurden die Heiligen mit Prophezeiungen über das Zion der Letzten Tage vertraut – das Neue Jerusalem, das auf dem amerikanischen Kontinent errichtet werden sollte (siehe 3 Nephi 20:22; 21:22,23; Ether 13:4-8). So war es nur natürlich, dass sie sich nach dessen Standort erkundigten. Im Sommer 1830 versuchte Hiram Page, den Standort der Stadt Zions in den Letzten Tagen mithilfe eines Steins herauszufinden, von dem er meinte, er versetze ihn in die Lage, Offenbarung zu empfangen. Er ließ sich jedoch schließlich davon überzeugen, dass er vom Satan getäuscht worden war, und sagte sich von seinen angeblichen „Offenbarungen“ los. Zugleich mit Oliver Cowderys Berufung, den Lamaniten das Evangelium zu verkünden, wies der Herr darauf hin, dass der Standort der Stadt Zion „an der Grenze bei den Lamaniten sein“ werde (LuB 28:9). Monate später wurde bekanntgegeben, der Standort Zions liege in Missouri (lies dazu den Kommentar zu Lehre und Bündnisse 57:1-3 in diesem Leitfaden).
Lehre und Bündnisse 28:11-14. Der Satan täuscht ihn
Ein Thema in der durch Hiram Page hervorgerufenen Debatte war seine Anmaßung, der Herr werde ihm gestatten, Offenbarung zu empfangen, zu der er nicht berechtigt war. Diese Anmaßung führte dazu, dass der Satan ihn täuschen und beeinflussen konnte. Familie Whitmer und andere in der Gegend um Fayette, die Hiram Pages Beteuerungen Glauben geschenkt hatten, so auch Oliver Cowdery, ließen sich ebenfalls täuschen. Laut Lehre und Bündnisse 28 wurde Oliver Cowdery dazu bestimmt, Hiram Page zu korrigieren und ihm wahre Grundsätze zu vermitteln. Der Prophet Joseph Smith hat berichtet, dass sich „Bruder Page und alle anwesenden Mitglieder“ bei der Konferenz im September 1830 „von dem besagtem Stein und allem, was damit zusammenhing, [distanzierten]“ (Lehren der Präsidenten der Kirche: Joseph Smith, Seite 216).
Präsident James E. Faust (1920–2007) von der Ersten Präsidentschaft hat bezeugt, dass der Präsident der Kirche der Einzige ist, der für die gesamte Kirche Offenbarung empfangen kann. Er hat auch erklärt, wie unter den Heiligen der Letzten Tage auf diese Weise für Ordnung und Schutz gesorgt wird:
„Manche [haben] Anspruch erhoben auf größere geistige Gaben oder Vollmacht außerhalb der festgelegten Priestertumsvollmacht der Kirche. Sie sagen, dass sie an die Grundsätze und Verordnungen des Evangeliums glauben und den Präsidenten der Kirche als rechtmäßigen Führer der Kirche anerkennen, behaupten aber dennoch, dass sie einer höheren Ordnung angehören, die der Präsident nicht hat. Damit wollen sie oftmals eine Handlungsweise rechtfertigen, die den Lehren der Kirche widerspricht. Es kann keine höhere Ordnung geben, denn der Präsident der Kirche hat alle Schlüssel des Reiches Gottes auf Erden inne und übt sie aus. Der Herr hat über den Präsidenten der Kirche gesagt: ,Kein anderer wird für diese Gabe [nämlich Gebote und Offenbarungen zu empfangen] bestimmt werden außer durch ihn.‘ [LuB 43:4.] …
Fortdauernde Offenbarung und Führung für die Kirche kommen durch den Präsidenten der Kirche, und er wird die Heiligen niemals irreführen.“ („The Prophetic Voice“, Ensign, Mai 1996, Seite 6f.)
Lehre und Bündnisse 28:11. Was er von jenem Stein geschrieben hat, ist nicht von mir
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden im Nordwesten des Bundesstaates New York so manchen Gegenständen wie etwa Steinen oder Wünschelruten übernatürliche Kräfte nachgesagt, durch die jemand Wissen erlangen könne. Hiram Page beteuerte, auf seinem Stein würden Worte erscheinen. Er sagte, wenn er die Worte diktiert und zu Papier gebracht habe, würden sie vom Stein gelöscht und stattdessen weitere Worte erscheinen (siehe The Joseph Smith Papers, Documents, Volume 1: July 1828–June 1831, Hg. Michael Hubbard MacKay et al., 2013, Seite 184). Der Herr verurteilte Hiram Pages falsche Offenbarungen.
Neben dem Urim und Tummim verwendete der Prophet Joseph Smith bei einem Teil der Übersetzung des Buches Mormon wohl auch einen Seherstein, den er in seiner Jugend gefunden hatte. Es gibt diverse Theorien dazu, wie der Prophet den Urim und Tummim beim Übersetzen des Buches Mormon gebraucht hat, und zu weiteren Einzelheiten im Zusammenhang mit dem Übersetzungsvorgang, aber Elder Neal A. Maxwell vom Kollegium der Zwölf Apostel hat festgestellt: „Über die Einzelheiten wissen wir einfach zu wenig.“ („By the Gift and Power of God“, Ensign, Januar 1997, Seite 39.) Einen gravierenden Unterschied gab es jedoch zwischen Joseph Smith und Hiram Page: Der Prophet Joseph Smith war von Gott dazu berufen worden, das Übersetzungswerk zu verrichten und Offenbarung für die Kirche zu empfangen (siehe LuB 21:1-6). Im Gegensatz dazu stellte der Herr unmissverständlich klar, dass Hiram Page vom Satan in die Irre geführt worden war und ebenso war es auch allen ergangen, die den Worten glaubten, die er diktiert hatte (siehe LuB 28:11).
Präsident James E. Faust hat warnend darauf hingewiesen, dass wir allem aus dem Weg gehen müssen, was den Satan einlädt, auf unser Leben Einfluss zu nehmen:
„Der Satan ist kein erbauliches Thema. Ich betrachte ihn als den großen Nachahmer. …
Es ist nicht gut, sich aus Neugier mit dem Satan und seinen Geheimnissen zu befassen. Es bringt nichts Gutes mit sich, wenn man sich dem Bösen nähert. Wie beim Spiel mit dem Feuer kann man sich leicht verbrennen. … Der einzig sichere Weg ist, dass man ausreichend Distanz zum Satan und all seinen schlechten Umtrieben und schändlichen Praktiken wahrt. Die unheilvollen Übel Teufelsanbetung, Zauberei, Hexerei, Voodoo-Kult, Beschwörung, schwarze Magie und alle anderen Formen des Dämonismus muss man meiden wie die Pest.“ („Die Kräfte, die uns retten“, Liahona, Januar 2007, Seite 3.)