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WENN EINE FÜHRUNGSKRAFT EINE LEHRKRAFT UNTERWEIST
Eine Hauptaufgabe einer Führungskraft in der Kirche besteht darin, die Lehrkräfte ihrer Organisation in ihren Aufgaben zu unterweisen und sie bei ihrem Bemühen, sich zu verbessern, zu unterstützen. Das geschieht einerseits bei Führerschaftsversammlungen (siehe Seite 152) und Lehrerfortbildungsversammlungen, andererseits aber auch bei einem Interview unter vier Augen. In dem Maß, wie Sie sich bemühen, dieser Aufgabe nachzukommen, können Sie entscheidend dazu beitragen, dass sich der Unterricht in der Kirche verbessert.
Anweisungen dazu, wie Sie die Lehrkräfte anleiten, finden Sie im Abschnitt „Lehren und Führen im Evangelium“ im Handbuch Anweisungen der Kirche, Seite 305–306, und in Den Evangeliumsunterricht verbessern – Anleitung für die Führungskraft, Seite 4–6. Es folgen fünf Anregungen, wie Sie die Führung ausüben können, von der in diesen Hand- büchern die Rede ist.
Jeder Lehrkraft mit reiner Liebe begegnen
Manchmal neigen wir dazu, jemand zu kritisieren, weil wir meinen, er werde sich verbessern wollen, wenn wir ihn auf seine „Unzulänglichkeiten“ aufmerksam machen. Das ist aber nur selten der Fall. Kritik führt meist zu einer Abwehrhaltung und macht mutlos. Die Lehrer sind für Ihren Rat eher empfänglich, wenn sie sich von Ihnen mit christusgleicher Liebe geliebt fühlen und wissen, dass Sie ihnen wirklich helfen möchten. Eine Schwester, die in der Folge eine gute Führerin der Lehrerinnen wurde, lernte diesen Grundsatz bald beim Dienen in der Kirche. Ihre Einstellung zum Lehren hat sich dadurch grundlegend geändert:
„Ich war jung verheiratet und hatte die Aufgabe, bei der Lehrerfortbildung in der FHV mitzuhelfen. Damals war es mir nicht bewusst, dass es mir mehr um meine Aufgabe ging und weniger um die Lehrerin, deren Unterricht ich besuchte. Ich sagte ihr in etwa: ‚Sie hätten das so und so machen sollen.‘ Ihre Reaktion war, im Grunde genommen: ‚Mach es doch selbst. Wenn ich es Deiner Meinung nach nicht richtig mache, dann übernimm doch Du die Klasse.‘ Ich merkte sofort, dass es mir an Liebe fehlte. Ich habe sie nicht genug geliebt. Ich habe sie nicht genug geachtet.“
Auf das hinweisen, was der Lehrer gut macht
Wenn jemand das Gefühl hat, er mache etwas gut, dann tut er es auch lieber. Ein aufrichtig gemeintes Kompliment schafft das, was Kritik nicht schafft: Es macht dem Lehrer Mut und hilft ihm, sich weiterhin zu verbessern.
Sobald Sie eine Lehrkraft, mit der Sie dienen, lieben, sind auch Ihre Komplimente aufrichtig. Sie werden viel Lobenswertes finden, denn jeder Lehrer hat gute Eigenschaften, die es wert sind, dass man sie beachtet. Der eine spricht vielleicht mit klangvoller Stimme, der andere leitet das Unterrichtsgespräch hervorragend, ein dritter versteht viel von der heiligen Schrift oder von der Geschichte der Kirche. Eine Lehrerin ist vielleicht äußerst ordentlich, eine andere hat ein schlichtes, festes Zeugnis.
Jedes Lob muss konkret sein. Sie können beispielsweise sagen: „Das Bild vom Erretter, das Sie gezeigt haben, hat sehr gut zu dem gepasst, was Sie sagen wollten.“ Oder: „Ihr Zeugnis am Ende des Unterrichts hat mir geholfen, den Geist zu verspüren.“ Oder: „Es hat mir gefallen, wie Sie auf diese schwierige Frage eingegangen sind.“ Eine konkrete Aussage freut die Lehrkraft für gewöhnlich mehr als eine allgemein gehaltene, zeigt sie doch, dass Ihnen die Lehrkraft so sehr am Herzen liegt, dass Sie sie aufmerksam beobachten.
Es gibt viele Anlässe, um das Gute, das ein Lehrer tut, zu erwähnen – etwa während der Lehrerfortbildungsversammlung oder in einem Gespräch unter vier Augen. (Siehe „Hilfe von den Führungskräften bekommen“, Seite 28.) Aber Sie brauchen gar keinen formellen Anlass. Sie können der Lehrkraft nach dem Unterricht oder auf dem Gang ein Kompliment machen. Sie können ein paar Zeilen schreiben, Sie können anrufen.
Sie können den Lehrer sogar vor seinen Schülern loben, falls ihm das nicht peinlich ist.
Achtung vor dem göttlichen Potential des Lehrers haben
Abgesehen davon, dass Sie die derzeitigen Fähigkeiten der Lehrkraft erkennen müssen, müssen Sie auch einen Blick für das göttliche Potential entwickelt, das in jedem steckt. Jeder ist ein Geistkind des himmlischen Vaters und verfügt über endlose Möglichkeiten. Jeder Lehrer kann seine Talente und Fähigkeiten verbessern und weiterentwickeln, wenn sie entsprechend genährt werden und er demütig an diese Aufgabe herangeht.
Es jedem Lehrer überlassen, sich selbst einen Plan zurechtzulegen, wie er sich verbessern möchte
Ein Lehrer bittet lieber um Hilfe, wenn er sich von Ihnen geliebt fühlt und das Gefühl hat, dass Sie seine Anstrengungen schätzen. Helfen Sie ihm bei solch einem beratenden Gespräch, selbst einen Plan aufzustellen, wie er sich verbessern kann. Auf diese Weise findet der Grundsatz Beachtung, dass die Lehrkraft (in diesem Fall also die Führungskraft) dem Schüler helfen muss, selbst die Verantwortung für sein Lernen und Wachsen zu übernehmen. (Siehe „Wie man dem Einzelnen hilft, selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass er das Evangelium lernt“, Seite 61–62.) Jeder lernt am besten und wächst am meisten, wenn er selbst die Initiative ergreift. Im allgemeinen ist es besser, wenn ein Lehrer langsam, aber auf der Grundlage seines eigenen Plans, Fortschritt macht, als wenn er von seinem Führer gedrängt wird. (Siehe „Einen Plan aufstellen, wie man ein besserer Lehrer wird“, Seite 24–27.)
Demütig, liebevoll und unter der Führung des Heiligen Geistes korrigieren
Es ist zwar am Besten, jedem Lehrer zuzugestehen, selbst einen Plan zu seiner Weiterentwicklung aufzustellen, doch gelegentlich muss man auch korrigierend eingreifen. Seien Sie dabei sanft und demütig. Denken Sie daran, dass wir nur dann zurechtweisen dürfen, wenn uns „der Heilige Geist dazu bewegt“, und dass wir danach „vermehrte Liebe erweisen“ müssen. (LuB 121:43.) Die folgende Geschichte macht diese wichtigen Grundsätze deutlich:
„Einmal war ich – als Mitglied der Bischofschaft – für ein AP-Kollegium zuständig. Ich war bei der ersten Kollegiumsversammlung äußerst beunruhigt, denn der Berater hielt zwar einen ausgezeichneten Unterricht, doch am Ende machte er alles dadurch zunichte, dass er sagte: ‚Naja, so lernen wir es eben, aber es ist nicht wirklich so.‘ Ich war richtiggehend schockiert, doch ich kritisierte den Berater nicht, sondern gab nur Zeugnis und stellte sicher, dass die jungen Männer es richtig verstanden. Ein paar Wochen später geschah etwas Ähnliches. Nach einem guten Unterricht stellte er in Frage, ob man denn den betreffenden Grundsatz wirklich immer streng befolgen müsse.
Ich wartete einige Tage ab und fragte ihn sodann, ob ich ihn einmal besuchen dürfe. Ich fastete und betete zuvor. Ich verspürte viel Liebe zu diesem Mann und stellte sicher, dass ich keine negativen Gefühle für ihn hegte. Zuerst sprachen wir über die jungen Männer im Kollegium, und dann sagte ich ihm, dass ich beunruhigt sei, denn einiges, was er im Unterricht vorbrachte, entspräche nicht dem, was im Leitfaden vorgegeben sei. Ich sagte ihm, diese jungen Männer seien in einem Alter, wo sie ein Ideal brauchen, und sie müssen das Ideal verstehen lernen, damit sie sich bemühen, entsprechend zu leben. Da traten ihm Tränen in die Augen, und er erzählte mir einiges aus seinem Leben: wie schwer er es gehabt hatte und wie es dazu gekommen war, dass er nun so etwas sagte. Wir waren einander bei diesem Gespräch sehr nahe. Er sagte den jungen Männern auch – nicht gleich am nächsten Sonntag, aber etliche Wochen später –, dass das, was er gesagt hatte, falsch gewesen sei, und er entschuldigte sich dafür. Ich hatte das Gefühl, dass diese bemerkenswerte Herzenswandlung durch Liebe und den Geist des Herrn zustande kam. Und selbstverständlich wurde er ein immer besserer Lehrer.“