„Meinungsverschiedenheiten in der Kirche“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche
„Meinungsverschiedenheiten in der Kirche”
Meinungsverschiedenheiten in der Kirche
Die Heiligen der Letzten Tage in der Anfangszeit der Kirche brachten große Opfer, um sich zu sammeln und eine Gemeinschaft zu schaffen, die sich am Zion des Henoch orientierte, wo die Menschen „eines Herzens und eines Sinnes“1 gewesen waren. In einer der ersten Offenbarungen an Joseph Smith sagte der Herr den Heiligen: „Wenn ihr nicht eins seid, dann seid ihr nicht mein.“2 In den meisten Fällen fanden die Mitglieder der Kirche in der Anfangszeit einen Weg, unterschiedliche Standpunkte friedlich zu äußern und so selbst dann die Einigkeit zu wahren, wenn sie bei gesellschaftlichen Themen oder in Fragen zur Lehre verschiedener Meinung waren. Es kam jedoch auch vor, dass Einzelne oder Gruppen innerhalb der Kirche abtrünnig wurden und mit Joseph Smith oder anderen Führern in ernsthaften Streit gerieten. In vielen dieser Fälle entschieden sich die abtrünnigen Mitglieder dann dafür, die Heiligen zu verlassen. In manchen Fällen gründeten sie, wie es unter den Protestanten seit langem gängig war, eine rivalisierende Glaubensgemeinschaft, die die eigenen Überzeugungen besser widerspiegelte. In einigen Fällen, wenn auch nicht in allen, schlossen Ratsgremien der Kirche abtrünnige Mitglieder wegen ihres Widerstands gegen die Kirche aus der Kirche aus.3
Zu der vielleicht ernstesten Meinungsverschiedenheit in der Anfangszeit der Kirche kam es 1837 während einer Wirtschaftskrise in Kirtland. Als die Kirtland Safety Society (ein von Joseph Smith gefördertes Bankinstitut) scheiterte, rief eine Gruppe einflussreicher Mitglieder der Kirche dazu auf, Joseph Smith als Führer der Kirche abzusetzen, und letztendlich gründeten sie dann eine eigene reformierte Kirche. Im Zuge der schmerzhaften Spaltung, die daraus folgte, verließen 10 bis 15 Prozent der Mitglieder in Kirtland die Kirche. Darunter waren Mitglieder des Kollegiums der Zwölf Apostel und mehrere der Zeugen des Buches Mormon.4 Caroline Barnes Crosby erzählte, wie schmerzvoll es gewesen war, mit ansehen zu müssen, wie Freunde die Kirche verließen: „Viele unserer engsten Freunde gehörten zu den Abtrünnigen“, schrieb sie. „Wir hatten uns immer wunderbar miteinander beraten und waren als Freunde zum Haus Gottes gegangen. … Ich war sehr traurig und betrübt, aber mir wäre niemals eingefallen, die Kirche zu verlassen oder den Propheten im Stich zu lassen.“5
Im weiteren Verlauf der Geschichte der Kirche kam es immer wieder vor, dass Einzelne oder Gruppen sich von der Kirche abwandten. Namhafte Beispiele dafür sind die Abkehr mehrerer wichtiger Führer der Kirche im Jahr 1838 in Missouri, die dann auch aus der Kirche ausgeschlossen wurden, sowie die Abkehr und der Ausschluss eines Mitglieds der Ersten Präsidentschaft im Jahr 1844 in Nauvoo in Illinois.6 Im Laufe der Zeit ist das Werk des Herrn trotz der Entscheidungen derer, die anderer Meinung als die Kirche waren und gegen sie auftraten, weiter vorangeschritten. Selbst nach den Abspaltungen in Ohio, in Missouri und in Illinois bereitete der Herr andere Mitglieder der Kirche darauf vor, anstelle derer zu dienen, die die Kirche verlassen hatten. Traurigerweise beendeten viele Abtrünnige ihre Beziehung zur Kirche für immer. Im Laufe der Zeit kehrten jedoch auch viele wieder voll und ganz in die Gemeinschaft zurück.7
Nicht jede Meinungsverschiedenheit führt zu Spaltung. Wenn man gegensätzliche Ansichten klar zum Ausdruck bringt, insbesondere in Ratssitzungen, dient das häufig sogar der Vorbereitung auf Offenbarung. Beispielsweise waren die Mitglieder des Rates der Fünfzig, eines beratenden Gremiums, das von Joseph Smith in Nauvoo gegründet worden war, verpflichtet, ihre Bedenken zu äußern, wenn ein Vorschlag gemacht wurde, und bei der Entscheidungsfindung auf Einstimmigkeit hinzuarbeiten. Joseph Smith erklärte den Ratsmitgliedern, dass ein Grund, warum manche Gruppen sich nicht einigen können, darin besteht, dass „sie sich in ihrer Organisation nie darauf verständigt haben, lange genug verschiedener Meinung zu sein, bis schließlich durch eingehende Prüfung das pure Gold von der Schlacke getrennt wird“8.
In einigen Fällen, insbesondere während des Krieges mit den Mormonen in Missouri im Jahr 1838, ermahnten Führer und Mitglieder der Kirche die Abtrünnigen streng oder schüchterten sie sogar ein. Danach wurden die treuen Heiligen jedoch von Joseph Smith in einem inspirierten Brief dazu angehalten, in Zukunft zu versuchen, ihre Freunde, die vom Weg abgekommen waren, „nur mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe“9 zu beeinflussen. Vor wenigen Jahren hat Präsident Dieter F. Uchtdorf die Mitglieder der Kirche aufgefordert, die Entscheidung derer zu respektieren, die die Kirche verlassen, auch wenn man traurig ist, dass sie weggehen: „Das Herz mag uns brechen, wenn [ihr] Weg [sie] von der Kirche, an der wir so hängen, und der Wahrheit, die wir gefunden haben, hinwegführt, doch wir gestehen [ihnen] das Recht zu, den allmächtigen Gott zu verehren, wie es [ihnen ihr] Gewissen gebietet – so, wie auch wir diesen Vorzug für uns in Anspruch nehmen.“10
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