„Vorträge über Theologie (‚Vorlesungen über den Glauben‘)“, Themen im Zusammenhang mit der Geschichte der Kirche
„Vorträge über Theologie“
Vorträge über Theologie („Vorlesungen über den Glauben“)
Vorlesungen über den Glauben ist der allgemein gebräuchliche Titel für eine Sammlung von sieben theologischen Vorträgen, die im Winter 1834/35 in der Schule der Ältesten in Kirtland, Ohio, gehalten wurden. Diese Vorträge können als erster Ansatz gesehen werden, eine strukturierte Theologie der Kirche Jesu Christi zu formulieren, die auf dem Buch Mormon und den ersten Offenbarungen an Joseph Smith beruhte. In den Vorträgen wird der Glaube definiert und es werden die Bedingungen dargelegt, unter denen man Glauben erlangt und nährt. Aus den Vorträgen geht hervor, dass es für jedes „vernunftbegabte und intelligente Wesen“ drei Voraussetzungen gibt, damit es in dem Maße, wie es für die Errettung notwendig ist, Glauben an Gott ausüben kann: erstens, die Auffassung, dass es Gott gibt; zweitens, eine korrekte Auffassung seines Charakters und seiner Eigenschaften; und drittens, das Wissen, dass der Lebensweg, den man eingeschlagen hat, mit dem Willen Gottes in Einklang ist.1 Die Vorträge führen diese Gedanken aus und erläutern sie.
Der erste Vortrag wurde im Februar 1835 als Einblattdruck veröffentlicht, der fünfte und sechste im Mai 1835 in der Zeitung der Kirche. Alle sieben Vorträge wurden später in diesem Jahr in der ersten Ausgabe des Buches Lehre und Bündnisse veröffentlicht. Dabei verstand man unter „Lehre“ die Vorträge und unter „Bündnisse“ die Offenbarungen an Joseph Smith. Bis 1921 waren die Vorträge in den englischen Ausgaben des Buches Lehre und Bündnisse enthalten, ebenso in den meisten anderssprachigen Ausgaben.
Bei den Vorträgen wurde kein Autor angegeben und es gibt keine Abschriften des Manuskripts, weswegen unklar ist, wer die Vorträge aufgeschrieben hat. Jedediah M. Grant zufolge, der 1835 in Kirtland lebte, waren sowohl Joseph Smith als auch Sidney Rigdon Lehrer in der Schule der Ältesten. Die Wissenschaftler, die die wenigen historischen Aufzeichnungen untersucht haben, sind der Auffassung, dass Sidney Rigdon der Autor oder zumindest in großem Maß an der Ausarbeitung der Vorträge beteiligt war.2 So nannte Brigham Young sie auch einmal die Vorträge, „die Bruder Sidney verfasst hat“3. Inwieweit – und ob überhaupt – Joseph Smith an der Ausarbeitung der Vorträge beteiligt war, ist unklar. Die Aufnahme der Vorträge in die Ausgabe des Buches Lehre und Bündnisse von 1835 ist jedoch ein starker Anhaltspunkt dafür, dass Joseph Smith dem Inhalt der Vorträge zustimmte.4
Mit der Veröffentlichung im Buch Lehre und Bündnisse erhielten die Vorlesungen über den Glauben unter den Mitgliedern größere Bedeutung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die Führer der Kirche jedoch über einige Aussagen darin zunehmend besorgt. Im fünften Vortrag zum Beispiel wird Gottvater als „Person aus Geist“ bezeichnet, was im Widerspruch zu einer anderen Aussage Joseph Smiths zu stehen scheint (die er 1843 getroffen hat, also mehrere Jahre nach den Vorträgen): „Der Vater hat einen Körper aus Fleisch und Gebein, so fühlbar wie der eines Menschen.“ (LuB 130:22.)5 Elder James E. Talmage, ein Mitglied des Kollegiums der Zwölf Apostel, der dem Komitee vorsaß, das die Ausgabe des Buches Lehre und Bündnisse von 1921 überarbeitete, war der Meinung, es sei das Beste, „Verwirrung und Streit über diesen zentralen Punkt des Glaubens zu vermeiden“5. Ein weiteres Argument von Talmages Komitee lautete, dass die Vorlesungen über den Glauben von der Kirche nie als etwas anderes denn als theologische Abhandlungen angenommen worden waren. Aufgrund dieser Empfehlungen wurden die Vorlesungen über den Glauben nicht mehr weiter im Buch Lehre und Bündnisse veröffentlicht.
Doch auch wenn sie nicht mehr im Buch Lehre und Bündnisse stehen, werden sie weiterhin häufig von Missionaren und anderen Mitgliedern der Kirche in verschiedenen Neuauflagen gelesen und gelegentlich in Veröffentlichungen der Kirche zitiert. Häufig zitiert wird beispielsweise: „Eine Religion, die nicht verlangt, dass man alles opfert, hat niemals genügend Kraft, den Glauben hervorzubringen, der für Leben und Errettung notwendig ist.“7
Verwandte Themen: Lehre und Bündnisse